
Intend Edge im Test: Kann die Federgabel eines 1-Mann-Unternehmens mit den Produkten der etablierten Konzerne mithalten? Oder anders gefragt: Was kann Cornelius Kapfinger von Intend Bicycle Components besser als Kaliber wie RockShox oder Fox? Wir sind mit der Enduro-Federgabel Edge auf Spurensuche gegangen.
Intend Edge – kurz & knapp
Am Markt gibt es nur recht wenige Upside-Down-Federgabeln für Mountainbikes. Aus Freiburg kommen aber seit einigen Jahren sehr exklusive Gabeln aus dem Hause Intend, die mit größerer Bremssteifigkeit und besserem Ansprechverhalten überzeugen sollen. Dafür werden sie mit voluminösen Aluminiumrohren und aufwendigen Frästeilen versehen. Das Innenleben lässt sich individualisieren, wodurch verschiedenste Federwege, Maße und Dämpfungseigenschaften realisierbar sind. Die von uns getestete Intend Edge ist für 27,5″ oder 29″-Laufräder erhältlich und bietet bis zu 180 mm Federweg. Damit richtet sich die Federgabel vor allem an Enduro-Fahrer. Extern einstellbar sind die Low Speed-Zug- und -Druckstufe. Die Anpassung der High Speed-Dämpfung erfolgt über Shims im Inneren. Die Endprogression kann über die Ölmenge in der Positiv-Luftkammer eingestellt werden. Wir haben die 29″-Variante mit 150 mm Federweg getestet.
- Federweg 130 – 180 mm in 10 mm-Schritten
- Laufradgrößen 27,5″, 29″
- Offset 44 mm, 51 mm
- Reifenbreite bis 80 mm
- Achsmaß 15 x 110 mm, 20 x 110 mm
- Einbauhöhe 562 mm (150 mm Federweg)
- Gewicht 1990 – 2030 g (Herstellerangabe)
- www.intend-bc.com
Preis: 1.949 € (UVP) | Bikemarkt: Intend Edge kaufen

Im Detail
Cornelius von Intend lebt nicht in klassischen Produktgenerationen: Seine Stückzahlen sind klein, in Ermangelung von Schmiede- und Gussteilen müssen keine Werkzeuge amortisiert werden. Deshalb gibt es hauptsächlich Fräs- und Drehteile höchster Qualität. Was in Deutschland und Österreich sinnvoll gemacht werden kann, wird hier gemacht; nur die hoch-präzisen Tauchrohre gibt es schlicht nur in Taiwan. Entsprechend höchstwertig liegt die Gabel vor einem, wenn man sie mal aus dem mit Spülschwämmen ausgekleideten Versandkarton genommen hat. Das macht Cornelius, um Wegwerf-Polstermaterial zu vermeiden – ich persönlich finde den Ansatz gut, kann mit den verwendeten Spülschwämmen aber nicht wirklich etwas anfangen; egal: Schwamm drüber, zumal Intend neuerdings ohnehin ein anderes Verpackungsmaterial verwendet. Zum Lieferumfang gehören außerdem ein Federwegspacer, die Kabelführung, ein Sag-Tool und Aufkleber.
Auf den ersten Blick fallen an der Intend Edge einige Besonderheiten auf. Die Gabelkrone ist voluminöser und innen hohl gefräst, was Steifigkeit und geringes Gewicht gewährleistet. Zur weiteren Steigerung der Festigkeit und Steifigkeit ist der Gabelschaft von unten nicht offen, sondern mit einer Platte verschlossen. So kann die Krone nicht ausbeulen. Die Standrohre sind richtig fett: 44 mm lassen selbst eine Fox 40 neidisch gucken. Die Steckachse ist aus Stahl. Sie wird noch klassisch gesteckt und dann auf beiden Seiten jeweils einmal verschraubt. Da es keine versteifende Gabelbrücke gibt, investiert Intend hier in maximale Steifigkeit. Etwas unschön empfand ich persönlich die Kabelführung: Die Kabelbinder samt schwarzen Kunststoffführungen sehen im Kontrast zum eloxierten Aluminium einfach nicht ausreichend hochwertig aus.

Ziel bei der Auslegung der Luftfeder der Upside-Down-Federgabel war ein bestmögliches Ansprechverhalten. Deshalb ist die Luftkammer so groß wie nur irgendwie im Package möglich gestaltet. Die Befüllung erfolgt über ein einzelnes Ventil – der Druck gleicht sich also automatisch aus. Die Dämpfung ist, anders als inzwischen weit verbreitet, keine geschlossene Kartusche, sondern ein offenes Ölbad, das sich selbst entlüftet. Anders als üblich sitzt der Einstellknopf für die Druckstufe unten rechts, der für die Zugstufe oben rechts. Klicks gibt es nicht. Stattdessen kann man stufenlos an den Knöpfen drehen, die sonst an Stereo-Anlagen Verwendung finden.
Auf dem Trail
Vielleicht vorab ein Wort zum Einbau des Laufrades: Bei einer Upside-Down-Gabel können sich die Ausfallenden zueinander verdrehen, was den Radeinbau unter Umständen erschwert. Mit einer etwas ruhigen Hand ist das Problem aber kleiner, als manch einer es gern macht. Auch, weil Cornelius nachgedacht hat: Die Steckachse wird zuerst auf der Federseite eingesteckt. Das geht viel einfacher und definiert die Höhe beim Radeinbau, da die Federseite (anders als die Dämpfungsseite) nicht einfach ausweicht, sondern man sich nur noch um die Verdrehung kümmern muss.
In der nur zweiseitigen Anleitung ist ein Punkt besonders wichtig: Die Montage der Bremsleitung. An einer Upside-Down-Gabel ist dies schwieriger, da ja die Tauchrohre in den Standrohren verschwinden. Inzwischen hat Intend hier einen Abstandshalter, der garantiert, dass die Bremsleitung nicht in die Scheibe oder die Speichen kommt. Dennoch ist auf eine sorgfältige Ausrichtung der Führung am Standrohr zu achten.


Die externen Einstellmöglichkeiten an der Gabel sind, verglichen mit beispielsweise einer Fox 36 GRIP2, übersichtlich: Luftdruck, Zugstufe, Druckstufe – das wars. Umso mehr lässt sich aber im Inneren der Gabel variieren; hier bietet Intend unterschiedliche Konfigurationen an. Nachdem ohnehin jede Gabel individuell montiert wird, lässt sich hier auch auf den Kundenwunsch eingehen. Wir fuhren beispielsweise drei unterschiedliche interne Konfigurationen: Während sich die eine an sehr sportliche Fahrer richtet, verschafft die andere mehr Komfort für nicht ganz so schnelle Piloten. Eine dritte wird als „weich” bezeichnet.
Das Ansprechverhalten der Gabel ist klasse, und so bleibt sie auch bergauf feinfühlig aktiv. Wer gern einen Hebel umlegt, um im Wiegetritt mehr Druckstufen-Dämpfung zu erfahren, der ist bei der Intend falsch. Im Enduro-Einsatz sind solche Fahrer aber auch die Ausnahme. Obwohl die Gabel gefühlt etwas größer und länger aussieht als klassisch gebaute Modelle, ist die Einbauhöhe identisch und damit Geometrie-neutral.

Ein Test, den viele Neugierige mit der Gabel machten, ist ein Klassiker: Vorderrad zwischen den Beinen einklemmen und am Lenker drehen. Ergebnis: Ja, man kann den Lenker mit etwas Kraft gegenüber dem Vorderrad verdrehen. Die Frage ist nur: Was lernt man daraus? Nichts, würde ich sagen, denn die Situationen, in denen das Vorderrad eingeklemmt ist, versuche ich beim Mountainbiken grundsätzlich zu vermeiden. Und während die Gabel ziemlich sicher weniger verdrehsteif ist als manch anderes Modell, so ist für mich das eigentlich wichtige: Während der Testfahrten hatte ich zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, eine zu wenig lenksteife Gabel zu fahren. Das Vorderrad folgt stets der vorgegebenen Richtung, ein ausgeprägtes Eigenleben führt es definitiv nicht! Andererseits gibt es in Steifigkeit tatsächlich auffälliges zu berichten – und zwar positiv auffälliges: Die Bremssteifigkeit ist nämlich ausgezeichnet. Ob man deshalb gleich bessere Stoppies macht, würde ich bezweifeln, aber de facto bleibt eine Verkürzung des Front-Centers und ein Verklemmen der Tauchrohre dadurch weitestgehend aus. Was man dadurch spürt? Das Fahrrad fährt sicherer und ruhiger bergab und die Gabel bleibt auch dann eher aktiv, wenn man voll auf der Bremse hängt.


Die Federung überzeugt mit einem schön linearen Verhalten kombiniert mit ausreichend Endprogression. So reagiert die Gabel auf kleine Schläge bereits gut, ohne dann unangenehm viel Federweg freizugeben. Spürbare Durchschläge konnte ich nicht provozieren, obwohl sich der Federweg beispielsweise bei sehr tiefen Kompressionen voll nutzen ließ. In Kombination dazu gibt es eine Dämpfung, die mir persönlich im High Speed-Druckstufenbereich zunächst zu straff arbeitete. Rennfahrer werden dies schätzen, für mich persönlich muss die Gabel den Federweg aber auch im Sinne des Komforts nutzen. Eine kleine Modifikation, die Intend jedem Kunden anbietet, sorgte dann für ein – meiner Meinung nach – angenehmeres Federverhalten, das in einem schnell gefahrenen Steinfeld richtig Federweg nutzt, ohne gleich beim nächsten Anbremsen durchzurauschen. Ein sehr guter Kompromiss.
Was gut gefallen hat, war die stets fühlbare Leichtgängigkeit. Man kann es auf die gute Verarbeitung schieben oder das Upside-Down-Konzept dafür verantwortlich machen, bei dem stets Öl die Buchsen schmiert. In jedem Fall fühlt es sich ziemlich gut an. Einzig auf gebauten Flowtrails und Anliegerkombinationen lässt sich der größere Verdrehflex spüren. Mich persönlich hat das offen gesagt gar nicht gestört; ich bin aber auch eher ein Leichtgewicht.
Haltbarkeit
Die von uns gefahrene Gabel war zuvor bereits bei einem anderen Magazin im Test. Nach einem Jahr schien das Öl zur Schmierung verbraucht. Tatsächlich hatte sich an einem der beiden Tauchrohr-Dichtungen eine kleine Ungenauigkeit eingestellt, die zu einem erhöhten Ölverbrauch führte. Die Wartung selbst ist einfacher als bei einer konventionellen Gabel, da die Tauchrohre separat entfernt werden können und das Einfädeln viel einfacher fällt. So lässt sich auch problemlos Schmieröl nachfüllen.
Fazit: Intend Edge
Die Intend Edge kann man guten Gewissens empfehlen: Neben aller besonderen Optik ist sie einfach eine sehr gute Federgabel. Federung und Dämpfung machen einen sehr guten Job, systembedingt arbeitet sie geschmeidig und mit toller Längssteifigkeit. Teurer, minimal schwerer, aber auch ungleich exklusiver als der Wettbewerb.
- superbe Längssteifigkeit
- ausreichende Verdrehsteifigkeit
- satte Dämpfung, schön lineare Luftfeder
- dauerhaft leichtgängige Funktion
- individuelle Einstellung ab Werk
- teuer
- extern nur Low Speed-Einstellungen

Testablauf
Die Intend Edge wurde uns für die Dauer des Tests zur Verfügung gestellt und in einem Ibis Ripley Gen3 gefahren.
Hier haben wir die Intend Edge getestet
- Zermatt Lange Abfahrten von Flowig bis äußerst technisch
- Sölden Viele Flowtrails, ein paar klassische Wanderweg-Trails
- Hometrails Sprünge, schnelles Auf- und Ab
Testerprofil
- Testername: Stefanus Stahl
- Körpergröße: 177 cm
- Gewicht (mit Riding-Gear): 70 kg
- Schrittlänge: 82 cm
- Armlänge: 65 cm
- Oberkörperlänge: 63 cm
- Fahrstil: Verspielt, sauber und mit vielen Drifts
- Was fahre ich hauptsächlich: Trail, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk: Die richtige Mischung aus Komfort und Popp macht’s
- Vorlieben bei der Geometrie: Relativ niedrig, relativ lang
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