
DT Swiss F535 One im Test: Der Laufrad-Riese möchte weiter im Federungs-Geschäft Fuß fassen – helfen soll dabei die brandneue DT Swiss F535 One-Federgabel. Diese kombiniert ein ungewöhnlich aufgeräumtes Aussehen mit neuartigen Features, die für ungetrübte Fahrleistung in allen Situationen sorgen sollen. Dazu gehört die Kombination aus Luft- und Stahlfeder sowie die Dämpfung: Diese ist nicht nur geschwindigkeits-, sondern auch positionsabhängig. Wir konnten die brandneue DT Swiss-Federgabel bereits testen – hier findet ihr unsere Eindrücke.
DT Swiss F535 One – kurz & knapp
“Wir wollten eine 240er im Federgabel-Segment bauen” – Friso Lorscheider, DT Swiss
Nach Jahren der Dominanz einiger weniger Branchenriesen ist das Angebot an fähigen All Mountain-Federgabeln aktuell so groß wie noch nie. Nach über 20 Jahren Entwicklungszeit könnte man langsam meinen, alles gesehen zu haben – doch die neue DT Swiss F535 One-Federgabel wartet mit einigen überraschenden Features auf. Im linken Gabelholm steckt nicht nur eine großvolumige Luftfeder mit negativer Kammer, sondern auch eine winzige Stahlfeder, die auf den ersten Millimetern Federweg für ein extrem sensibles Ansprechverhalten sorgen soll. Gar nicht neuartig ist hingegen die Möglichkeit, die Feder-Kennlinie mit Volumenspacern zu beeinflussen. Etwas spannender wird es dann jedoch im rechten Holm: Dort versteckt sich die neue Plushport-Dämpfung. Versteckt ist hier tatsächlich das richtige Wort, denn bei der F535 One wurden alle Einsteller und Einbuchtungen mit glatten Aluminium-Schalen abgedeckt. Die Plushport-Dämpfung ist nicht nur – wie alle Dämpfungssysteme – abhängig von der Geschwindigkeit, mit der die Gabel einfedert, sondern auch von ihrer Position. Dadurch soll die Gabel ohne Änderungen am Setup in jedem Terrain einsatzbereit sein. Ob dem so ist, konnten wir bereits testen.
- Federweg 130 – 160 mm
- Laufradgrößen 27,5″, 27,5″+, 29″
- Federung Coil-Pair – Kombination aus Stahl und Luft
- Dämpfung Plushport – geschwindigkeits- & positionsabhängig
- 3 Modi: Open, Drive, Lock (Hebel oder Fernbedienung)
- Rebound & LSC extern
- Standrohrdurchmesser 35 mm
- Bremsscheiben max 203 mm
- Schnellspanner 110 x 15 mm, integrierter Torx 10
- Schutzblech abnehmbar verschraubt
- Gewicht 2020 g (27,5″) | 2090 g (29″) (Herstellerangaben)
- Preis ab 1149 € (UVP)
- www.dtswiss.com
Die Federgabel soll sich auch hervorragend für den eMTB-Einsatz eignen. Hier findet ihr den Test der DT Swiss F535 One-Federgabel von eMTB-News.de.


Im Detail
Bereits beim ersten Betrachten der DT Swiss F535 One-Federgabel fällt auf, wie aufgeräumt und unauffällig sie eigentlich daher kommt. Dabei ist sie schon wieder so unauffällig, dass sie aus der Masse der MTB-Federgabeln quasi schreiend heraussticht. Wo normalerweise Einstellknöpfe und Ventile aus den Standrohren herausragen, sind hier nur glatte, mattschwarze Flächen zu sehen. Selbst die Ausfallenden sind seitlich mit solchen Kappen versehen. Ein wenig fühlt man sich an die Zeit in der Automobil-Branche erinnert, als bei den ersten PKW der Blick unter die Motorhaube bloß großflächige Kunststoff-Abdeckungen und Logos entblößte. Auch wenn DT Swiss verspricht, mit ihrer neuen Federgabel jegliche Setup-Änderung weitestgehend überflüssig gemacht zu haben, ist die Möglichkeit dazu nach wie vor vorhanden. Ein kräftiger Zug am Hebel der Steckachse löst diesen und fördert einen darin verschraubten, kleinen Torx-Schlüssel zutage. Damit lassen sich nicht nur alle Abdeckungen entfernen, sondern auch die gewünschten Dämpfungs-Einstellungen vornehmen.



Kern der DT Swiss F535 One-Federgabel sind die Tauchrohr-Einheit sowie die 35 mm dicken Standrohre. Diese Bauteile haben durch ihre Steifigkeit einen großen Einfluss auf das Fahrverhalten einer Gabel – hier will DT Swiss sich von der Natur inspiriert haben lassen. So wurden stark belastete Stellen massiver ausgeführt, während an anderen Stellen Material gespart wurde. Dadurch landet die Gabel bei einem Gesamtgewicht von knapp über 2 Kilogramm und einem laut Hersteller idealen Gewichts-Steifigkeits-Verhältnis. Auf der Rückseite der Krone befinden sich zudem 4 unauffällige Bohrungen, mithilfe derer der mitgelieferte Fender verschraubt werden kann. Auch hier verfolgt DT Swiss einen sehr integrierten Look, denn der Fender passt sehr gut zum restlichen Aussehen der Gabel und deckt das Fachwerk-Muster auf der Rückseite der Krone teilweise ab. Schlussendlich wird die Bremsleitung von einem – wie könnte es anders sein – äußerst aufgeräumten, von hinten verschraubten Clip geführt.
Federung
Eine Kombination aus Luft- und Stahlfedern ist in der Mountainbike-Welt keine ganz neue Sache. Allerdings fungiert die Stahlfeder bei DT Swiss als positive Feder und greift nur auf den ersten 30 mm Federweg ein – dadurch soll das Losbrech-Moment minimiert werden. Danach übernimmt eine reguläre, jedoch laut DT Swiss äußerst großvolumige Luftfeder, die auch über eine negative Kammer verfügt. Diese soll sich vergleichsweise linear verhalten – für die Progressivität und die effektive Ausnutzung des Federwegs soll bei der DT Swiss F535 One die Dämpfung sorgen. Wer möchte, kann allerdings bis zu 3 Volumenspacer in der Luftkammer montieren und diese so progressiver gestalten. Im Auslieferungszustand sind bereits 2 Spacer installiert, ein dritter liegt bei. Damit man nicht vergisst, wie viele aktuell verbaut sind, gibt DT Swiss verschiedenen Ventilkappen mit, auf denen die jeweilige Anzahl vermerkt ist.



Dämpfung
Die größte Besonderheit der DT Swiss F535 One-Federgabel ist die neue Plushport-Dämpfung. Diese verfügt über eine zusätzliche Öffnung im Low-Speed-Compression-Kreislauf, die sich mit dem Einfedern der Gabel langsam immer weiter schließt. Das verringert den möglichen Ölfluss zusätzlich und sorgt für ein Ansteigen der wirkenden Dämpfungskräfte über den Federweg. Während die Federgabel am Anfang also relativ ungedämpft ist und sensibel anspricht, erhöht sich die Dämpfung zur Mitte des Federwegs immer weiter, bis die Öffnung bei 50 % komplett geschlossen ist. Dadurch soll die Gabel nicht nur viel Grip generieren, sondern auch hoch im Federweg stehen. Neben dieser Positionsabhängigkeit arbeitet die Dämpfung natürlich auch weiter geschwindigkeitsabhängig.
Extern verfügt die DT Swiss-Gabel über eine in drei Stufen einstellbare Druckstufe – diese nennen sich Open, Drive und Lock. Dabei hat man die Wahl zwischen einer Lenkerfernbedienung oder einem kleinen Hebel über dem rechten Standrohr. Zudem lassen sich die Low-Speed-Compression und der Rebound mit einem T10-Schlüssel in vergleichsweise feinen Schritten verstellen.

Auf dem Trail
Wir hatten bereits vor dem offiziellen Launch der Federgabel die Chance, die neue DT Swiss F535 One in der 27,5″-Ausführung mit 150 mm Federweg zu fahren. Mit der Federgabel zusammen liefert DT Swiss eine umfassende Bedienungsanleitung aus, die neben den empfohlenen Luftdrücken auch umfassende Setup-Tipps gibt. Im Vorfeld wurde uns vom Hersteller zudem empfohlen, uns möglichst genau an diese zu halten. Im Lieferzustand sind bereits 2 APT-Volumenspacer in der Luftkammer installiert – bei dem empfohlenen Luftdruck von 76 psi war das für unseren knapp 70 kg schweren Testfahrer bereits beim “Parkplatz-Test” zu hart und progressiv. Mit ausgebauten Tokens, dem empfohlenen Luftdruck und dem empfohlenen Compression- (offen) und Rebound-Setting fühlte sich die DT Swiss-Federgabel deutlich ausgewogener, wenn auch immer noch irgendwie anders als die Konkurrenz an.


Unser Testmodell war mit der passenden Lenkerfernbedienung ausgestattet – doch obwohl die Federgabel dank ihres sensiblen Ansprechverhaltens bei normaler Fahrt leicht wippt, empfanden wir diese nicht wirklich als nötig. Außerdem sitzt sie sehr exponiert über dem linken Bremshebel und steht weit nach oben heraus. Im Drive-Modus ist die Gabel bereits ziemlich ruhig – im Lock-Modus herrscht dann absolute Ruhe an der Front. Geht es in den Wald, so fällt sofort auf, wie sensibel die Federgabel bereits auf feine Schläge und Vibrationen anspricht. Der Übergang von der Stahl- zur Luftfeder nach 30 mm Federweg ist – wie von DT Swiss versprochen – nicht spürbar. Biegt man in einen Trail ein, folgt die DT Swiss F535 One dem Untergrund sehr feinfühlig und vermittelt einiges an Grip.

Mit dem empfohlenen Luftdruck war die Gabel zu Beginn des Federwegs nicht sehr straff – auch ohne Tokens verhärtet sie durch die Plushport-Dämpfung auf den letzten 4–5 cm jedoch stark. Dadurch konnten wir den Federweg auch auf ausgefahrenen, ruppigen Trails nicht ansatzweise ausnutzen. Mit 5 psi weniger in der Luftkammer war dieses Verhalten nicht ganz so stark ausgeprägt – dafür war die Federgabel auf den ersten Zentimetern nun sehr plüschig. Reserven waren immer noch vorhanden, denn auch bei schnell aufeinander folgenden Schlägen tauchte die Gabel nicht ab. Dafür verhärtete die Dämpfung allerdings spürbar und gab etwas mehr Schläge als gewohnt an die Hände weiter. Schwerere Testfahrer nahmen dies hingegen kaum wahr. Durch das sehr feine Ansprechverhalten zu Beginn und die sparsame Federwegsausnutzung sollte die Federgabel – wie von DT Swiss beworben – tatsächlich ohne viele Anpassungen vom schlammigen Hometrail bis zum Bikepark-Ausflug funktionieren. Leider herrschten während unseres Tests gleichmäßig staubige Bedingungen, sodass wir dies nur unter Vorbehalten bestätigen können.
Das ist uns aufgefallen
- Integrierter Look DT Swiss gibt an, dass die neue F535 One-Federgabel ohne viele Setup-Änderungen in jedem Terrain und für jeden Einsatz bereit ist. Wie sicher sie sich darin sind, zeigen die vielen Abdeckungen über den nur mit Werkzeug zu bedienenden Einstellern. Das sorgt für eine ungewöhnlich aufgeräumte Optik, macht häufige Verstellungen jedoch aufwändiger.
- Versteckter Torx-Schlüssel Das passende Tool für fast alle Setup-Änderungen ist bereits in der Achse integriert. Allerdings ist es mehr als minimalistisch – für unseren Geschmack könnte es etwas größer sein. Das würde den Umgang mit Handschuhe erleichtern und ermöglichen, auch durch eindringenden Dreck etwas festgefressene Schräubchen zu lösen.
- Plushport-Dämpfung Die geschwindigkeits- und wegabhängige Dämpfung beschwert der F535 One ein etwas ungewöhnliches Fahrverhalten. Während sie zu Beginn des Federwegs feinfühlig arbeitet und kleinste Unebenheiten wegbügelt, verhärtet die Dämpfung ab der Hälfte und gibt den Federweg nur sparsam frei. Insbesondere leichte Fahrer nahmen dies stark wahr.
- Schutzblech Der integrierte Fender passt sich sehr gut ins Gesamtbild ein und macht einen hochwertigen Eindruck. Außerdem kann man ihn leicht über vier Schrauben an- und abbauen und er verkratzt die Federgabel im Gegensatz zu vielen Nachrüst-Lösungen nicht.
- Lenkerfernbedienung Ob es wirklich notwendig ist, die Federgabel zu locken – darüber kann man streiten. Allerdings würden wir zum Hebel an der Brücke raten: Die Fernbedienung sitzt im Falle eines Sturzes äußerst exponiert und lässt das Cockpit schnell sehr überladen wirken.


DT Swiss F535 One – Fazit
Die neue DT Swiss F535 One-Federgabel zieht vor allem durch ihr extremes Understatement die Blicke auf sich. Interessant ist auch das Innenleben, durch das sich die Gabel spürbar anders fährt als die Konkurrenz: Das sehr feinfühlige Ansprechverhalten und die sparsame Federwegsausnutzung bescheren ihr tatsächlich sehr gute Allround-Qualitäten. Leichte Testfahrer bemängelten allerdings das starke Verhärten der Gabel auf den letzten Zentimetern Federweg.
- sensibles Ansprechverhalten
- schön integrierter Fender
- aufgeräumte Optik
- einmal einstellen – funktioniert
- komplizierte Einstellbarkeit auf dem Trail
- viele Kleinteile
- leichte Fahrer nutzen Federweg nicht aus
Testablauf
Hier haben wir die DT Swiss F535 One getestet:
- Thüringer Wald: Technische, teils steile Singletrails mit losem Boden und vielen wurzeligen Offcamber-Passagen.
Körpergröße | 183 cm |
Schrittlänge | 85,5 cm |
Oberkörperlänge | 60 cm |
Armlänge | 61 cm |
Gewicht | 68 kg |
- Fahrstil
- verspielt
- Ich fahre hauptsächlich
- Downhill, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- unauffällig, hinten progressiv, wenig Druckstufe
- Vorlieben bei der Geometrie
- hinten nicht zu kurz, vorne geräumig, Lenkwinkel nicht zu flach
Preisvergleich
Was haltet ihr von der aufgeräumten Optik der neuen DT Swiss-Federgabel?
Der Beitrag DT Swiss F535 One im Test: Das Schweizer Taschenmesser unter den Federgabeln? erschien zuerst auf MTB-News.de.